Deckel drauf und alles ist gut?

Oft wird von verschiedenen Wegen gesprochen, die zum Ziel führen. Sicher hätte ich das Argument so akzeptiert, wenn die Ergebnisse zumindest vergleichbar wären, oder dass eine einfach „nur“ mehr Zeit oder Arbeit gekostet hätte. Oder einfach umständlicher gewesen wäre. Leider wurde ich jetzt wieder in einen Fall involviert, in dem der andere Weg unweigerlich zum Tod des Pferdes führte und hier sehe ich mich in der Pflicht aufzuklären.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Huflederhäute freiliegen. Einfache Gründe sind die Folgen eines Hufgeschwüres, Hufabszesses, Verletzung. Problematischer sind Sohlenablösungen bei Hufrehe nicht zu verwechseln mit einem Hufbeindurchbruch.

Liegt eine Huflederhaut frei, treffen sich möglichst Tierarzt und Hufbearbeiter*in um sich um das Problem zu kümmern. Dabei sorgt der der Tierarzt für mindestens für eine Leitungsanästhesie, um den betroffenen Huf schmerfrei zu machen. Ist das Pferd eher unruhig wird er es zusätzlich noch sedieren. In seltenen Fällen wird er es ablegen, was aber dann sicher in der Tierklinik von statten gehen sollte.

Ist das Pferd vorbereitet geht es an den Huf. An den Stellen, an denen Lederhaut vom Horn abgelöst ist, muss das Horn trichterförmig entfernt werden, bis ein fester Verbund zwischen Horn und Lederhaut feststellbar ist. Zu Entfernende Überhänge können per Sondieren festgestellt werden.

Warum ist das so wichtig:

Spitz zu laufendes Horn kann auf die Lederhaut drücken und dieses Reizen oder Schädigen. Lederhäute nässen um sich „sauber zu schwämmen“. Deshalb wird es unter Überhängen immer nässen und so den Verhornungsprozess verhindern.

Ist die freiliegende Lederhaut perfekt frei gelegt, kommt der Verband. Hier helfen spezielle nicht verklebende Tupfer oder Eichrindenpulver, um direkt die Lederhaut gleichmäßig abzudecken. Dann den Horndefekt auf gleiche Höhe mit der Umgebung bringen und sanften Druck auf die Stelle bringen.

Auf der Sohle genügt derselbe Druck, der auf die Umgebung wirkt, bei Belastung. Oft wird mit Hilfe von Klebeband und Gewalt mit übermäßigem Druck eine Mullbinde auf die offene Lederhaut gepresst. Das ist zu einem unnötig und zum anderen schmerzhaft für das arme Pferd. Die nichtverklebenden Tupfer oder Eichenrindenpulver sorgen für ein Abtrocknen der Lederhaut.

Nicht!!! auf die offene Lederhaut gehören fettende Tupfer oder Cremes, Jod. Normale Gaze-Tupfer verwachsen mit dem neuen Horn. Beim Abziehen des Tupfers läuft man Gefahr bereits verhornte Stellen wieder zu öffnen.

Oft wir das erste sich bildende Horn mit Eiter verwechselt. Hier mischt sich das abgegebene Exsudat (wasserähnliche Flüssigkeit) mit den 1. Hornzellen. Was zunächst eine helle breiige Flüssigkeit darstellt, aber ein gutes Zeichen ist.

Verbandwechsel ca. alle 3 Tage.

Je nach Zustand der Lederhaut dauert der Verhornungsprozess. Eine aufgequollene Lederhaut muss sich erst beruhigen bevor sie wieder Horn bilden kann. Diese wird mit dem Beruhigen auch an Volumen abnehmen. Teilweise bildet sie aber trotzdem schon vermeintlich abschließendes Horn über der Lederhaut.

Nimmt das Volumen der Lederhaut unter dem Horn weiter ab, kann sich das wie ein Rückfall anfühlen, bzw. wie ein wiederholtes Hufgeschwür und muss dann auch so behandelt werden. Also wieder TA für die Sedierung, zum Überhänge freilegen… .

Dies ist nichts ungewöhnliches und kommt besonders bei großflächigen freiliegenden Lederhäuten häufig vor. Und ist kein Grund das Pferd aufzugeben. Eine Komplette Verhornung kann je nach Fall zwischen 10 Tagen und 10 Wochen in Anspruch nehmen. Hier ist Geduld gefragt.

Was ist kein Grund zum Einschläfern?

Ein „Loch“ im Huf aus dem es endlos nässt: Hier wie beschrieben TA-holen, verfolgen, freilegen.

Vorgewölbte Sohle bei Rehe, Sohle „blättert“ ab: Hier wie beschrieben TA-holen, verfolgen, freilegen. Hierbei quetscht die Sohlenfläche des Hufbeins die Sohlenlederhaut. In dem Stadium ist die Heilungschance sehr hoch, wenn auch der Rehe-Schub im Griff ist.

Exsudat aus Kronrand: Durchbruch von Hufgeschwür, Problem löst sich meist von selbst, seltener muss die Lederhaut frei gelegt werden.

Lederhaut scheint nicht zu verhornen: Geduld.

Kritischer: Lederhaut nekrotisch. Mit TA Blutstau erzeugen, nekrotische Teile entfernen. Heilungschancen vorhanden.

Bedenklich: Hufbeindurchbruch Hufbeinspitze bohrt sich durch die Sohle.

Thema Ausschuhen: Ausschuhen heißt nicht Saumelderhaut entzündet. Oder Hufgeschwürdurchbruch, an einer Stelle des Kronrandes. Beim Ausschuhen lösst sich am Kronrand ringsherum die Hornkapsel, die Kronlederhaut sieht aufgequollen aus. Pferd liegt hat große Schmerzen.

No go:

Verschließen von nässenden „Löchern“ mit Kunststoff, Klebern.

Der Druck wird ansteigen, das Pferd wird vor Schmerz lahmen das Nässen wird nicht aufhören, wenn die ursächliche Stelle nicht freigelegt und zum Abtrocknen gebracht wird.

Heiß Beschlag.

Beim Aufbrennen kocht das Exsudat auf und kocht die sehr empfindliche Lederhaut mit, was den Heilungsprozess im besten Fall zurück wirft, im schlechtesten Fall die Lederhaut zerstört und so auch das Pferd tötet.

Vermeintliche Begründungen: das Schmelzen von Horn, Austrocknen von nässenden Stellen, desinfizieren mit Glühen.

Deckeleisen

Nicht zu Öffnen mit Leder oder Stahlplatte: So ist keine Kontrolle möglich, was unter dem Deckel passiert. Bakterienbefall, Lederhaut gereizt? Völliger Blindflug. Oft nur als Heißbeschlag möglich, deshalb ist davon abzusehen.

Deckeleisen, Deckel kann geöffnet werden: Sehr schwere Konstruktion nötig, Verletzungsgefahr beim Öffnen für Mensch und Pferd. Jedoch zumindest eine Kontrolle ist möglich.

Verbandanlegen geht meist einfacher und Gefahr des Fingerquetschens ist geringer.

Also niemals Deckel drauf und das Beste hoffen sondern Augen auf und passenden Verband drauf – das kann Leben retten!